Der Text dieser Seiten ist teilweise aus dem, in allen Gemeindeämtern dieser Region
erhältlichen Buch von Wilhelm J.Wagner, entnommen.
Der Titel dieses schönen Bandes: Hohe Wand - Steinfeld, Kultur und Geschichte von Winzendorf führt der Weg zum Steinbruch des Engelsberges zuerst in etwas steilerem Anstieg, ab der 500 m-Höhenmarke
auf gleichbleibendem Niveau über schmalem Pfad, dann auf bequemem Waldweg. An einigen Felsrippen aus verkarstetem
Wettersteinkalk und dem "Weißen Steinbruch" oder "Helena Bruch" vorbei ist das Ziel nach einer Rechtskurve erreicht.
Die Wanderung ist still und beschaulich.
Empfehlenswert für alle, die unterwegs gerne plaudern und nicht außer Atem kommen wollen;
Empfehlenswert für Familien mit Kleinkindern und für ältere Semester
Unmittelbar vor dem Steinbruch warten eigenartig behauene Blöcke aus rosa Stein auf den Besucher: Stufen, die aus dem nichts breiter werdend zur Höhe führen, gemeißelte Linien und Punkte, die sich als Negativ und Positiv zu einem Strahlen der untergehenden Sonne öffnet.
Dazwischen gewaltige kubische Blöcke, wie von Riesenhand in der Landschaft verstreut. Doch weder Urgewalten noch rätselhafte mystische Vorfahren waren hier am Werk, sondern junge Künstler, die Sommer für Sommer für Wochen in dieser Waldeinsamkeit ihr Quartier aufschlagen und auf bescheidenem Lebensniveau nur ihren kreativen Visionen huldigen
Auf Lebensstil jedoch verzichten sie nicht ganz: neben der einfachen, gegen Unwetter schützenden einräumigen Hütte aus urwüchsigen Holzstämmen sind in kurzen Abständen Löcher in den gewachsenen Fels gebohrt. Niemand weiß um ihre Bewandtnis, nur die in Klausur ziehenden Künstler. Hier fanden Toilettartikel Platz. Mag sein, dass zukünftige Vergangenheitsforscher über diese rätselhaften Steinensembles grübeln werden ... In der Tat, dieses Steinoval, das auf Betreiben des ehemaligen Gemeinderates von Winzendorf-Muthmannsdorf, Josef Zenz, 1997/98 vom Wildwuchs befreit, bis zum felsigen Untergrund abgegraben, geodätisch vermessen und mit Infotafeln versehen, am 7. Juni 1998 feierlich als "Geotop" und technisches Denkmal der Öffentlichkeit präsentiert wird, verbreitet eine eigenartige Stimmung. Die hochaufragenden und von Motorseilzügen geglätteten Wände fallen
steil zum wannenförmigen Boden ab. Der Steinbruch klappt auf wie eine riesige Muschel aus weißgebändertem rosa Fels. Dem
Sonnenaufgang entgegen reicht der Blick weit über das Steinfeld hinweg und verliert sich jenseits der Rosalia. Der Engelsberger Steinbruch, ein Ort stiller Meditation und Besinnung.
Der Marmorsteinbruch Engelsberg stellt sowohl geologisch als auch technisch eine Besonderheit dar.
Geologie: Beim Engelsberger Marmor handelt es sich um einen dichten Hallstätter Kalk, der in einem eng begrenzten Raum am Engelsberg vorkommt. Er weist eine charakteristische "kirschrote" Farbe auf und ist weißklüftig.
Abbau: Die älteste bekannte Aufzeichnung stammt aus dem Jahre 1698, in welchem der Wr. Neustädter Steinmetzmeister Paul Klimpfinger das Gelände von der Herrschaft Starhemberg pachtete. Intensiver Abbau erfolgte in den Jahren 1860 - 1901, sowie vor und während dem 2. Weltkrieg mittels Seilsäge, die Schnittflächen verleihen dem Bruch das markante Aussehen.
Verwendung: Dom zu St.Stephan, ca. 1718 - obere Sakristei Kunsthistorisches Museum - Prunkstiege Privathaus in der Argentinierstr. in Wien: Säulen Wiener Südbahnhof - Wandverkleidungen
Kulturelle Nutzung: Seit 1985 findet jährlich ein Bildhauersymposium am Engelsberg statt, die Werke der Künstler verbleiben teilweise auf dem Gelände.
Information: Mag. Otto Lorenz - Tel.Nr. +43 (0) (2638) 228 37
Am Südostabfall, auf der Höhe von 510 m über NN (= Normal- Null, d.h. über dem Pegel des Wasserspiegels der Adria) liegt am Engelsberg der gleichnamige Steinbruch. Nicht ganz plausibel ist die Herkunft des Namens. Ist es der Berg eines Engels, oder eines Enkels? Mythologen meinen, dass sich der topographische Begriff "Engel" auf Grund der Lautverschiebung vom althochdeutschen "eninkel" ableite, und das bedeutet so viel wie "Enkel".
Wirft der Name noch Fragen auf, der Engelsberger Stein tut es nicht. Die Geologen geben glasklare und präzise Antworten:
"Der in den Fischauer Bergen in großen Taschen und Nischen des Wandriffkalkes eingebettete, bunte, obertriadische Hallstätter Kalk des Engelsberges, des Moosbühels und der Brunner Ebenen entspricht faziell (= verschiedenartige Ausbildung gleichaltriger Gesteinsschichten, Anm.) einem gleichaltrigen Hallstätter Rotkalk des Salzkammergutes (Monotiskalk)",
stellen die Geologen Friedrich Brix und Benno Plöchinger fest. Gleichzeitig vermerken sie die Einmaligkeit des sogenannten Engelsberger Marmors: "Abgesehen von der bruchförmigen SW-Begrenzung am Steinbruch Engelsberg ist eine Abgrenzung der Hallstätter Kalk-Vorkommen wegen der im Wandriffkalk vorliegenden Infiltration von Hallstätter Sediment schwer möglich."So ist der in Luftlinie nur 300 m entfernte Helena-Bruch bereits ein Produkt des hellen, massigen Wandriffkalks norisch-rhätischen Alters, also rund 210 Millionen Jahre alt.
Der engbegrenzt vorkommende gleichalte Engelsberger Marmor - auch er stammt aus dem Nor - unterscheidet sich zum Helena "Marmor" durch seine conodontenreiche, bunte Zusammensetzung.
Conodonten sind mehrspitzige, zahnähnliche, bis zu 3 mm große Gebilde, die möglicherweise Reste bislang unbekannter, primitiver Fische des Paläozoikums oder der Trias sind.
1733 wird der Pachtvertrag mit einem Steinmetzmeister Matthäus Lang verlängert und 1769 liefert der Engelsberg u. a. sechs große Säulen für den Hochaltar des Doms und weitere für die Neuklosterkirche in Neustadt. Lieferungen von Säulen gehen bis nach Graz.
"Bemerkenswert ist die Größe der damals durch den schonenden Handbetrieb erzielbaren Stücke", bewundert Benno Plöchinger die Fertigkeit der damaligen Handwerker. Eine Hochkonjunktur verzeichnet der Engelsberg unter dem Wiener Hofsteinmetzmeister Andrea Francini während der Gründerzeit. Er beaufsichtigt zwischen 1860 und 1901 den Engelsberger Steinbruch. "Leider hat dieser Unternehmer versucht, durch eine große Kammerminensprengung den Abbau vermeintlich wirtschaftlicher zu gestalten", bedauert Plöchinger. "Durch diese ganz verfehlte Maßnahme wurden die Klüfte des ohnedies schon stark tektonisch gepreßten ("stichigen") Steines derart aufgerissen, dass kaum mehr gesunde Großblöcke gewinnbar waren."
1919 werden die von Franzini zurückgelassenen Blöcke nach Deutschland verkauft Nach dem Anschluss 1938 belebt sich der Steinbruch. 1940 nehmen die reichsdeutschen "Naturstein und Marmorwerke Offenbach" den Betrieb am Engelsberg wieder auf, bauen eine 2,5 km lange Fahrstraße nach Muthmannsdorf und richten eine Seilsäge mit Motorantrieb ein.
"In den Kriegsjahren waren auch italienische Arbeiter beschäftigt, eine Inschrift an einer Zisterne in der Nähe des Steinbruchs erinnert: "gli operai italiani 26- 7-941 costruirono"", berichtet Erwin Reidinger. Kriegsbedingt ruhen ab 1943 die Arbeiten. 1945 wird der als "Deutsches Eigentum" deklarierte Steinbruch dem sowjetisch beaufsichtigten USIA- Konzern einverleibt Etwa 600 m' lagernde Rohblöcke werden abtransportiert, neues Gestein bricht man nicht
mehr. Die Druckfestigkeit von 695 bis 1400 kg/cm ist zu gering und entspricht heutigen Anforderungen nicht. Früher legte man solche strengen Maßstäbe nicht an, daher ist die Verwendung des "Engelsberger Marmors" weitgestreut
1733 wird der Pachtvertrag mit einem Steinmetzmeister Matthäus Lang verlängert und 1769 liefert der Engelsberg u. a. sechs große Säulen für den Hochaltar des Doms und weitere für die Neuklosterkirche in Neustadt. Lieferungen von Säulen gehen bis nach Graz.
"Bemerkenswert ist die Größe der damals durch den schonenden Handbetrieb erzielbaren Stücke", bewundert Benno Plöchinger die Fertigkeit der damaligen Handwerker. Eine Hochkonjunktur verzeichnet der Engelsberg unter dem Wiener Hofsteinmetzmeister Andrea Francini während der Gründerzeit. Er beaufsichtigt zwischen 1860 und 1901 den Engelsberger Steinbruch. "Leider hat dieser Unternehmer versucht, durch eine große Kammerminensprengung den Abbau vermeintlich wirtschaftlicher zu gestalten", bedauert Plöchinger. "Durch diese ganz verfehlte Maßnahme wurden die Klüfte des ohnedies schon stark tektonisch gepressten ("stichigen") Steines derart aufgerissen, dass kaum mehr gesunde Großblöcke gewinnbar waren." 1919 werden die von Franzini zurückgelassenen Blöcke nach Deutschland verkauft Nach dem Anschluss 1938 belebt sich der Steinbruch. 1940 nehmen die reichsdeutschen "Naturstein und Marmorwerke Offenbach" den Betrieb am Engelsberg wieder auf, bauen eine 2,5 km lange Fahrstraße nach Muthmannsdorf und richten eine Seilsäge mit Motorantrieb ein.
"In den Kriegsjahren waren auch italienische Arbeiter beschäftigt, eine Inschrift an einer Zisterne in der Nähe des Steinbruchs erinnert: "gli operai italiani 26- 7-941 costruirono"", berichtet Erwin Reidinger. Kriegsbedingt ruhen ab 1943 die Arbeiten. 1945 wird der als "Deutsches Eigentum" deklarierte Steinbruch dem sowjetisch beaufsichtigten USIA- Konzern einverleibt. Etwa 600 ' lagernde Rohblöcke werden abtransportiert, neues Gestein bricht man nicht mehr. Die Druckfestigkeit von 695 bis 1400 kg/cm ist zu gering und entspricht heutigen Anforderungen nicht. Früher legte man solche strengen Maßstäbe nicht an, daher ist die Verwendung des "Engelsberger Marmors" weit gestreut.
Verwendung des Engelsberger Marmors: (nach Erwin Reidinger ergänzt):
Dom zu St. Stephan in Wien, barockes Türgewande der oberen Sakristei, Säulen und Plattenverkleidungen an Nebenaltären;
Dom und Neukloster zu Wiener Neustadt, Säulen des Hochaltars und diverse Altarschranken der Seitenaltäre;
Kunsthistorisches Museum in Wien, 272 Baluster der Prunkstiege, Sockel für Büsten im ersten Stock;
Argentinierstra8e 42 in Wien, ehemals Francini-Haus, 20 Säulen, 2,65 m hoch, 30 cm im Durchmesser;
Halle des Wiener Südbahnhofs, Steinverkleidung der Halle und Teile der Außenverkleidung;
ehemalige BH in Wiener Neustadt, Fußboden der Eingangshalle und Stufen in den ersten Stock;
Grazer Hauptbahnhof, Schalterhalle;
Fußboden der Muthmannsdorfer Pfarrkirche nach der Restaurierung 1989. Dies ist die letzte Anwendung des Engelsberger Marmors. Stein kennt keine Ideologien: Im Dritten Reich holt man den Engelsberger Marmor nach Nürnberg, verkleidet dort unfertige Objekte des Reichsparteitagsgeländes, und man bricht ihn, um Reichsautobahnbrücken zu bauen. 1945 verdeckt er den Sockel des sowjetischen Ehrenmals für die Befreiung Österreichs auf dem Schwarzenbergplatz in Wien, im Volksmund "Russendenkmal" genannt Der Stein erweist sich - den Schadstoffen einer Industriegesellschaft ausgesetzt - als wenig dauerhaft. Ende der 80er Jahre wird er am "Russendenkmal" durch Granit ersetzt.
In Nürnberg buttert die Stadtverwaltung Jahr für Jahr Unsummen in das Prestigeobjekt des Reichsparteitagsgeländes:
Es steht seit 1973 unter Denkmalschutz.
Hier sieht man noch genau die Schnittstelle, der vom Massiv mit der Seilsäge getrennte Block wurde damals nicht mehr gebrochen.